Finanzierung und Förderung: Herausforderungen und Potenziale
I. Herausforderungen bei der Finanzierung & Förderung
Die zentralen Herausforderungen, mit denen sich Soziale Innovationen im ökologischem Nachhaltigkeitsbereich hinsichtlich der Finanzierung und Förderung konfrontiert sehen, lassen sich in fünf Kategorien einordnen:
Unpassende Finanzierungs- und Förderinstrumente und -strukturen
Eine der größten Hürden für die Potenzialentfaltung Sozialer Innovationen besteht darin, dass sich existierende Finanzierungs- und Förderprogramme nur sehr selten explizit an Soziale Innovationen richten, wodurch deren besondere Organisationsformen und Geschäftspraktiken sowie ihr spezifischer Finanzierungs- und Förderbedarf nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Kapitalintensität von Sektoren
In einzelnen Sektoren wie beispielsweise dem Bauwesen bedürfen Soziale Innovationen hoher Finanzierungssummen, um überhaupt aktiv werden zu können. Die Kapitalintensität bspw. von Bau- und Wohnprojekten hält die Dominanz von etablierten Akteur*innen aufrecht und hindert die Entstehung bzw. Entwicklung von Innovationen, die auf eine sozial-ökologische Transformation abzielen. Soziale Innovationen bedürfen auch deshalb häufig mehrerer (unterschiedlicher) Co-Investoren, was die Koordination und Komplexität von Fundraising Prozessen erhöht.
Isolierte Entwicklung technologischer Innovationen
Innovationsentwicklung in Deutschland gut etabliert ist, verweisen Expert*innen auf eine häufige Entkopplung von (technologischen) Innovationen und realen gesellschaftlichen Bedürfnissen. Bei der Förderung und Finanzierung von Innovationen sollten diese von Anfang an auf ihre soziale Wirkung und ihr soziales Innovationspotenzial hin geprüft und entsprechend (weiter-) entwickelt werden.
Mangelnder Professionalisierungsgrad Sozialer Innovationen im ökologischem Nachhaltigkeitsbereich
Träger*innen und Initiator*innen Sozialer Innovationen mangelt es häufig an Kompetenzen, um ihre Organisationen wirtschaftlich tragfähig zu machen. Insbesondere im Bereich des Fundraisings fehlt es an Kompetenzen und Kapazitäten, um potenzielle (nicht-staatliche und öffentliche) Geldgeber*innen zu identifizieren, ihre Anforderungen zu begreifen und sie schlussendlich zu überzeugen. Dies ist umso schwerer, als dass es an robusten Daten und Methoden fehlt, um die soziale und ökologische Wirkungsdimension der eigenen Sozialen Innovationen zu messen und gegenüber potenziellen Geldgeber*innen zu belegen.
II. Potenzialfelder zur Entwicklung von Lösungen und Fördermaßnahmen
In einigen Bereichen besteht durch entsprechende Maßnahmen das Potenzial, den oben genannten Herausforderungen zu begegnen und die Finanzierung und Förderung von Soziale Innovationen im ökologischem Nachhaltigkeitsbereich zu erleichtern. Wie im Folgenden vorgestellt, bieten diese ‚Potenzialfelder‘ Anknüpfungspunkte für Lösungen und Fördermaßnahmen.
Formen der Finanzierung:
Soziale Innovationen bedürfen neuartiger und innovativer Finanzierungsinstrumente, die an deren organisationale Besonderheiten angepasst sind. Da die (multidimensionale) Wirkungsentfaltung Sozialer Innovationen in der Regel mehr Zeit braucht als bei klassisch profitorientierten Start-Ups, sind längere Zeithorizonte ein wichtiges Kriterium in Finanzierungs- und Förderbeziehungen. Auch die Anschlussfähigkeit und Kombination unterschiedlicher Finanzierungsinstrumente bzw. Koordination verschiedener Geldgeber*innen spielen eine zentrale Rolle, um sicherzustellen, dass innovative Lösungen ihre angestrebte Wirkungsentfaltung erreichen. Beispielsweise können in diesem Zusammenhang eine Identifikation passender Arten finanzieller Förderung für die unterschiedlichen Phasen und Organisationsformen und die Sicherstellung lückenloser Förderinstrumente entlang der Lebenszyklen von Sozialen Innovationen hilfreiche Instrumente darstellen. Auch die Erweiterung von bestehenden Gründungsförderprogrammen zur stärkeren Berücksichtigung von Sozialen Innovationen würde einen Beitrag zu den Finanzierungsmöglichkeiten von frühphasigen Sozialen Innovationen leisten.
Mobilisierung von privaten Investitionen:
Eine umfassende Förderung von Sozialen Innovationen im Nachhaltigkeitsbereich ist ohne nicht-staatliche Geldgeber*innen schwer möglich. Um möglichst viele Investor*innen zu überzeugen, müssen Investitionen in Soziale Innovationen leicht zugänglich und möglichst risikoarm sein. Für den Staat gibt es unterschiedliche Möglichkeiten und Instrumente, um das Risiko von Investitionen in Sozialen Innovationen zu reduzieren bzw. potenzielle Renditen zu erhöhen und somit nicht-staatliche Investitionen in Soziale Innovationen zu incentivieren. Unter anderem kann der Staat in Form von Ausfallgarantien oder Co-Investitionen das „De-risking” von Investitionen in Soziale Innovationen fördern. Es können auch Anreize geschafft werden (z.B. Steuererleichterungen oder Impact-Prämien) und die Unterstützung bei der Identifikation und Vernetzung von Investor*innen mit investierbaren Projekten gefördert werden.
Nicht-finanzielle (technische) Förderung
Neben der Bereitstellung von Finanzmitteln hat auch die nicht-finanzielle Förderung einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg von Sozialen Innovationen. Maßnahmen zur nicht-finanziellen Förderung Sozialer Innovationen zielen beispielsweise darauf ab, den Austausch unter Akteur*innen zu stärken und Synergien zu bestehenden Initiativen und Förderprogrammen aufzuzeigen. Auch um z.B. den Bekanntheitsgrad von Sozialen Innovationen im Nachhaltigkeitsbereich zu erhöhen, ist der Austausch unter Akteur*innen in Netzwerken wesentlich. In diesem Zusammenhang könnten z.B. die Entwicklung und Stärkung von Dachverbänden und das Zusammenbringen von einschlägigen Stakeholdern, (z.B. durch Kampagnen, Aktionen, Veranstaltungen oder Plattformen) Lösungsansätze für die nicht-finanzielle (technische) Förderung sein.
Anmerkung zur Eingrenzung der vorliegenden Übersicht:
- Im SINA Vorhaben werden konkrete Handlungsempfehlungen zur effektiven Förderung von Sozialen Innovationen mit Wirkung im Nachhaltigkeitsbereich Zu diesem Zweck wird u.a. eine Reihe von themenspezifischen Workshops durchgeführt.
- Die vorliegende Übersicht fasst wesentliche Erkenntnisse aus bereits erfolgten Arbeitsschritten zusammen. Sie stellen eine erste Übersicht der Hürden und Ansätze dar, die im Förder- und Finanzierungsbereich für Soziale Innovationen im Nachhaltigkeitsbereich im Rahmen des SINA Vorhabens identifiziert wurden.
- Die inhaltliche Ausrichtung wurde im Rahmen des 1. Workshops auf die vorgestellten drei Potenzialfelder begrenzt, um eine konkrete Entwicklung einzelner Handlungsempfehlungen zu ermöglichen. Die hier enthaltenen Anknüpfungspunkte spiegeln nicht die formulierten Handlungsempfehlungen wider.
Weiterführende Literatur
- Bundesministerium für Bildung und Forschung (2021): Ressortkonzept zu Sozialen Innovationen. https://www.bmbf.de/SharedDocs/Publikationen/de/bmbf/1/168520_Ressortkonzept_zu_Soziialen_Innovationen.pdf?__blob=publicationFile&v=4.
- Eisenreich, T., Scholz, S. (2018): Finanzierung Sozialer Innovationen auf europäischer und nationaler Ebene.In: Eurich, J., Glatz-Schmallegger, M., Parpan-Blaser, A.: Gestaltung von Innovationen in Organisationen des Sozialwesens – Rahmenbedingungen, Konzepte und Praxisbezüge. Springer Verlag.
- European Commission & European Investment Bank (2020): Supporting the development of Social Finance Ecosystems in Member States under ESF.https://www.fi-compass.eu/publication/factsheets/supporting-development-social-finance-ecosystems-member-states-under-esf.
- Krlev, G., Sauer, S., Scharpe, K., Mildenberger, G., Elsemann, K. & Sauerhammer, M. (2021). Finanzierung von Sozialen Innovationen – Internationale Vergleichsstudie.Centrum für soziale Investitionen und Innovationen (CSI), Universität Heidelberg & Social Entrepreneurship Network Deutschland e.V. (SEND). https://www.send-ev.de/wpcontent/uploads/2021/10/Finanzierung_Sozialer_Innovationen.pdf.