Wirkungsmanagement: Herausforderungen und Potenziale für Soziale Innovationen im ökologischen Bereich

I. Zentrale Herausforderungen für Soziale Innovationen

Die bisherige Recherche und die geführten Gespräche mit Praxispartner*innen und Expert*innen offenbaren mehrere Herausforderungen, mit denen sich Soziale Innovationen im ökologischen Bereich im Hinblick auf Wirkungsmanagement und -Messung konfrontiert sehen. Diese lassen sich grob in fünf Kategorien einordnen:

Vielfalt Sozialer Innovationen & Komplexität der Wirkungsmessung

Soziale Innovationen können verschiedenste Formen annehmen und in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen entstehen.  Dementsprechend kann auch ihre Wirkung auf verschiedenen Ebenen stattfinden, und sich in ganz unterschiedlichen Kontexten im Sozialen (z.B. Partizipation, Soziale Gerechtigkeit und Schutz von Minderheiten), Wirtschaftlichen (z.B. Reduktion von Ungleichheit und Armut, Schaffung neuer Arbeitsplätze) und Ökologischen (z.B. Co2-Bindung, Verbesserung der Wasser-, Boden- oder Luftqualität) entfalten. Zusätzlich hängt die Wirkungsentfaltung Sozialer Innovationen von einer Vielzahl Faktoren ab (z.B. dem Zugang zu Finanzierung, der Akzeptanz von Nutzer*innen, oder administrativen Anforderungen), was die Entwicklung von Förder- und Unterstützungsmaßnahmen für die Wirkungsmessung Sozialer Innovationen verkompliziert. 

Gleichzeitig herrscht auch auf Seiten der Förderer*innen Sozialer Innovationen eine große Vielfalt dahingehend, welche Indikatoren die jeweils geförderten Sozialen Innovationen nachzuweisen haben. Hierdurch verkompliziert sich insbesondere die Wirkungsmessung solcher Sozialer Innovationen, die von mehr als einer Organisation unterstützt bzw. finanziell gefördert werden, und dadurch schnell in Zielkonflikte geraten, was das eigene Wirkungsmanagement betrifft. Wirkungsmanagement und jegliche Formen der hiermit einhergenden Messung müssen daher auch mit einer entsprechenden Fehlerkultur und Flexibilität auf Seiten der Träger*innen Sozialer Innovationen als auch auf Seiten der Förderer*innen einhergehen.

Ambivalenz von Standardisierung und Quantifizierung in der Wirkungsmessung

Die Standardisierung von Wirkungsindikatoren sowie die Quantifizierung von Wirkung auf Basis einheitlicher Kriterien kann Soziale Innovationen in ihrer Wirkungsmessung befähigen. Gleichzeitig bergen eine zunehmende Standardisierung und Quantifizierung der Wirkung Sozialer Innovationen im ökologischen Bereich die Gefahr, im Widerspruch zur sozial-ökologischen Mission einzelner Organisationen und Initiativen zu stehen, und deren Wirkungsketten nicht adäquat abzubilden. So lassen sich beispielsweise die mehrdimensionalen Auswirkungen von Bildungsprogrammen zum Thema Ernährung und Landwirtschaft auf teilnehmende Kinder und Jugendliche nur schwer quantifizieren oder anhand standardisierter Vorgaben und Nachweispflichten spiegeln.
Eine zu starke Quantifizierung der Wirkung Sozialer Innovationen birgt außerdem die Gefahr einer zunehmenden Vergleichbarkeit und Priorisierung unterschiedlicher (und damit nur schwer vergleichbarer) Initiativen und Organisationen durch (staatliche sowie nicht-staatliche) Fördereinrichtungen und Geldgeber*innen. Die Messung von Wirkung muss daher stets zwischen quantitativen und qualitativen Ansätzen differenzieren sowie Kontext und Ziele der Intervention transparent nach außen darstellen.

Langfristige Wirkungsentfaltung Sozialer Innovationen 

Die Wirkung Sozialer Innovationen entfaltet sich oft über längere Zeithorizonte und muss daher langfristig und kontinuierlich überprüft und gesteuert werden. Gerade im ökologischen Bereich zeigen sich erste Effekte Sozialer Innovationen hierbei häufig erst nach Jahren, sodass sich die Wirkung (im Kontrast zu kurzfristig erfahrbaren Outputs und Outcomes) meist nur in mittel- bis langfristigen Engagements nachweisen lässt. Ein Beispiel zeigt sich erneut im Bildungssektor, wo die Evaluierung der Auswirkungen von Bildungsprogrammen für Kinder nur über einen Zeitraum von 5 bis 10 Jahren durchgeführt werden kann, um die tatsächliche Wirkung einer Maßnahme einschätzen zu können. Der vermeintliche Legitimitätsvorteil von quantitativen Ansätzen sowie kurzen Zeithorizonten benachteiligt Soziale Innovationen entsprechend gegenüber profitorientierten Startups in Förder- und Investitionsentscheidungen.

Operative Hürden der Wirkungsmessung

Insbesondere in ihrer Anfangsphase mangelt es den Träger*innen von Sozialen Innovationen im ökologischen Bereich häufig an Kapazitäten, die eigene Wirkung zu messen. Die geringen zeitlichen, personellen und finanziellen Ressourcen werden meist für die unmittelbar mit der Mission verbundenen Tätigkeiten bzw. für das operative Tagesgeschäft eingesetzt. Zusätzlich mangelt es insbesondere jungen Sozialen Innovationen an Begleitung und Beratung bei der Implementierung ganzheitlicher Wirkungsmanagementansätze. Darüber hinaus verkomplizieren hohe administrative Anforderungen staatlicher Förderprogramme sowie umfassende Berichtspflichten nicht-staatlicher Förderer*innen die Wirkungsmessung junger und frühphasiger Sozialer Innovationen und stellen diese vor operative Hürden.

Unzureichende Datenlage zu Sozialen Innovationen im ökologischen Bereich 

Die unzureichende Datenlage über die Landschaft Sozialer Innovationen im ökologischen Bereich in Deutschland stellt eine organisationsübergreifende Herausforderung für die Entwicklung adäquater Förder- und Unterstützungsmaßnahmen für Wirkungsmanagement und -Messung Sozialer Innovationen dar. Zwar existieren im transnationalen, europäischen Kontext erste Mappings Sozialer Innovationen, jedoch beziehen sich diese nicht explizit auf Deutschland sowie auf Soziale Innovationen mit Wirkung im ökologischen Bereich. In ökologischen Disziplinen und Sektoren, wo eine grundlegende Datenlage zwar vorhanden ist, fehlen Sozialen Innovationen außerdem häufig der Zugang und die Nutzbarkeit von Daten.

II. Potenzialfelder zur Entwicklung von Lösungen und Fördermaßnahmen

Um die Vielzahl der Anknüpfungspunkte für spezifische Handlungsempfehlungen, die sich während der Arbeit zur Wirkung Sozialer Innovationen ergaben, in ihren Grundzügen zu kategorisieren, wurden drei inhaltliche Maßnahmenfelder entworfen:

Entwicklung und Ausbau von Instrumenten zur Wirkungsmessungsmessung 

Für Soziale Innovationen im ökologischen Bereich besteht die Herausforderung, die eigene Wirkung vollumfänglich bzw. adäquat zu messen und gleichzeitig effizient nach außen zu kommunizieren. “Impact Measurement” Ansätze wie der Social Return on Investment bieten eine wertvolle Grundlage zur Entwicklung von Instrumenten zur Wirkungsmessung, müssen jedoch ausgebaut und angepasst werden, um die Wirkungsketten Sozialer Innovationen umfänglicher darzustellen und eine Ökonomisierung des Sozialen zu vermeiden.

Befähigung zur Wirkungsmessung:

Ihre knappen personellen und finanziellen Ressourcen müssen kleine oder junge Soziale Innovationen im ökologischen Bereich größtenteils für unmittelbar mit der Mission verbundene Tätigkeiten einsetzen. Gleichzeitig mangelt es in Förderprogrammen und bei nicht-staatlichen Investitionen in der Regel an expliziten Budgets für Wirkungsmanagement. Eine systematische Befähigung zum Wirkungsmanagement würde den Professionalisierungsgrad Sozialer Innovationen jedoch signifikant erhöhen und damit die Zugangschancen zu Kapital steigern. Die Förderung des Austausches und Netzwerkens zwischen Sozialen Innovationen durch entsprechende Formate kann hierbei ebenfalls eine Form der Wissensbildung darstellen.

Bereitstellung und Nutzung von Daten:

Wirkungsmanagement muss in einem ersten Schritt auf organisationaler Ebene stattfinden. Darüber hinaus sind agglomerierte Daten zur Wirkung Sozialer Innovationen im ökologischen Bereich für deren gesamtgesellschaftliche Legitimation von hoher Bedeutung, bisher jedoch nur begrenzt verfügbar. Durch den Aufbau eines entsprechenden Datenbestandes könnten ex-ante Analysen und sogenannte Foresight-Methoden für Prognosen zur langfristigen Wirkung Sozialer Innovationen ermöglicht werden.

Anmerkung zur Eingrenzung der vorliegenden Übersicht:

  • Im SINA Vorhaben werden konkrete Handlungsempfehlungen zur effektiven Förderung von Sozialen Innovationen mit Wirkung im ökologischen Bereich entwickelt. Zu diesem Zweck wird u.a. eine Reihe von themenspezifischen Workshops durchgeführt.
  • Die vorliegende Übersicht fasst wesentliche Erkenntnisse aus bereits erfolgten Arbeitsschritten zusammen. Sie stellt eine erste Übersicht der Hürden und Ansätze dar, die im Bereich Wirkungsmanagement im Rahmen des SINA Vorhabens identifiziert wurden.
  • Die inhaltliche Ausrichtung wurde im Rahmen des 2. Workshops auf die drei Potenzialfelder begrenzt, um eine konkrete Entwicklung einzelner Handlungsempfehlungen zu ermöglichen.
  • Die hier enthaltenen ‚Potenzialfelder‘ zur Entwicklung von Lösungen und Fördermaßnahmen spiegeln nicht die formulierten Handlungsempfehlungen ab.

Weiterführende Literatur